«In einer globalen Gesundheitskrise müssen wir zusammenarbeiten – auch international»
Die klinische Forschung arbeitet derzeit unter Hochdruck: Mit Hilfe von klinischen Studien testet sie Medikamente und mögliche Impfstoffe gegen das Corona-Virus. Die Swiss Clinical Trial Organisation (SCTO) koordiniert das Netzwerk der Clinical Trial Units in der Schweiz und behandelt solche Studien im Moment prioritär. Präsidentin Christiane Pauli-Magnus und Geschäftsführerin Annette Magnin zur Bedeutung von Open Access und Open Research Data für den Aufbau und die Durchführung von klinischen Studien.
Was tut die SCTO während der Corona-Krise?
In der Schweiz unterstützen wir unsere Partnerorganisationen bei deren Initiativen mit unseren Ressourcen. Dabei tun wir, was wir uns auch sonst zum Ziel setzen: Wir vernetzen die besten Ideen und die klügsten Köpfe, um das Optimum aus den vorhandenen Ressourcen herauszuholen. Aktuell sind alle CTU unseres Netzwerks u.a. daran, entweder Veränderungen für bereits laufende Studien zu implementieren, an Ausschreibungen zu Covid-19 teilzunehmen oder solche Studien zu starten.
Welche klinischen Studien werden zurzeit durchgeführt?
Es geht einerseits darum, zugelassene Medikamente auf neue Anwendungsmöglichkeiten zur Behandlung von Covid-19 zu testen – ein sogenanntes «drug repurposing». Solche Studien könnten vor allem kurzfristige Erfolge bringen, da der Forschungsprozess mit bereits zugelassenen Medikamenten schneller geht. Andererseits laufen Studien zu Impfungen oder Medikamenten, die von Beginn weg neu entwickelt werden. Hier erwartet man tendenziell eine gezieltere Wirkung, dafür eine längere Entwicklungsdauer. swissethics hat eine Sammlung der eingereichten und bereits zugelassenen klinischen Studien zu Covid-19 in der Schweiz veröffentlicht.
Wie können Open Access (OA) und Open Research Data (ORD) klinische Forschung beeinflussen?
OA und ORD ermöglichen es, Ressourcen besser zu nutzen. Zum Beispiel lässt sich so verhindern, dass dieselbe Fragestellung zweimal unabhängig voneinander bearbeitet wird. Entweder schliesst man sich zusammen, um schneller und effizienter zu sein, oder eine andere Frage kann zusätzlich angegangen werden.
Wenn die ersten Daten vorliegen, kann man beginnen, diese zusammenzufügen. Dafür wäre das frühzeitige Festlegen von sogenannten «core outcome data sets» von Vorteil. Damit ist gemeint, dass in allen Studien das gleiche Set von Parametern erhoben wird, damit die Studien besser vergleichbar sind.
Verändert die Corona-Krise die Haltung zu OA und ORD in der Wissenschaft?
Es ist zu früh, eine solche Frage zu beantworten. Aber es zeigt sich, wie wichtig es insbesondere in einer solchen Krise ist, dass die Wissenschaft schnellen und freien Zugang zu verfügbaren Daten hat, beispielweise zu den Daten des BAG oder zu den gesammelten klinischen Daten. Es ist daher zu erwarten, dass die Krise die Diskussion über die freie Verfügbarkeit von Forschungsergebnissen anfachen wird und sich die Haltung der Wissenschaft dazu verändern wird.
Sehen Sie auch Risiken in der raschen Verbreitung von Ergebnissen und Daten?
Transparenz allein reicht nicht aus. Es braucht nebst der Verfügbarkeit weiterhin eine – möglichst unabhängige – Beurteilung der Qualität und Evidenz dessen, was verbreitet wird.